Arbeitsbeispiele

Text

Hanser Magazin
Selbstdarstellung Carl Hanser Verlag
(Fachverlag und Literaturverlag), 2018

Umberto Eco
Bei Umberto Eco, dem großen Buchliebhaber, Wissenschaftler, Kritiker und vor allem Erzähler, lässt sich wunderbar erkennen, wie kluge Unterhaltung entsteht. Eco besaß ein immenses Wissen, doch entscheidend war sein Umgang damit: Es floss frei und spielerisch in seine Fabulierlust ein und gab seinen Geschichten ihre Spannkraft. Romane wie „Der Name der Rose“ oder „Das Foucaultsche Pendel“ konnten so das Genre des literarischen historischen Kriminalromans neu begründen und Millionen Leser für das Spätmittelalter oder für philosophische Verschwörungstheorien begeistern. Eco gelang mit leichter Hand, was schon in der antiken Rhetorik als hohe Kunst galt: belehren, erfreuen, bewegen. Für jeden Verlag der Idealfall von Autor: ein enzyklopädisches Wissen, verbunden mit einer erzählerischen Urkraft. Einer solchen Stimme folgt man gern überallhin. 

 

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Arno Geiger
Neugierig, suchend, wie Arno Geiger schreibt und auftritt, bleibt er immer der junge Autor, als der er mit Ende zwanzig sein literarisches Debüt gab. Seither werden seine Romane Buch für Buch umfangreicher, als gäbe es umso mehr zu sagen, je stärker man einer Sache zu Leibe rückt. Je genauer man verstehen will. Sehr genau zugehört hat Arno Geiger seinem Vater, als dieser langsam, aber unaufhaltsam in die Demenz hinüberglitt. Sein Buch „Der alte König in seinem Exil“ zeigt, wozu Literatur in der Lage ist: Sie macht aus einem Objekt ein Subjekt. Würdevoller, ohne zu überhöhen, wurde kaum je über einen alternden Menschen geschrieben. Geiger bezeichnet sein Schreiben als eine Art kleiner Grenzverkehr zwischen Nicht-verstehen, Verstehen-wollen und Trotzdem-nicht-verstehen. Ein Pendeln zwischen der Welt, wie sie um uns ist, und dem Versuch, ihr im Wort auf die Spur zu kommen. Mit seinen fünfzig Jahren hat dieser junge Autor so viel erreicht, und doch – zur Freude der Leser – noch mehr vor sich.

Claudia Kostka
Wer fragt, führt Menschen zu ihren eigenen Lösungen. Es ist tatsächlich so: Plötzlich sieht man einen Weg, wo zuvor lauter Mauern standen, scheinbar. Claudia Kostka beherrscht die hohe Kunst der Moderation. In der Mitte liegt der verfilzte Wollknäuel, und alle ziehen an einem der vielen offenen Enden. Wer zieht, hat auch den Schlüssel in der Hand, den Knoten aufzulösen. Die Krise als Moment nutzen, in dem sich etwas zum Besseren hin verändern kann, das ist ihre Aufgabe. Neben Menschenkenntnis braucht es dazu einen klaren Blick auf die Welt. Auf unser Verhalten. Auf uns. Wie soll man eine Unternehmensorganisation verändern, die von Menschen getragen wird, wenn man nicht beachtet, wie wir gestrickt sind? Was ich nicht in mir umsetzen kann, kann auch nicht im Außen gelingen. Wenn mein Körper neue Bewegungsabläufe zu verstehen beginnt, ist Veränderung möglich. Hinter dem Möglichen liegt das Außergewöhnliche. Um dorthin zu gelangen, holt man Claudia Kostka.

scharfsinnig, wach, selbstsicher, fragend
Doch, es gibt die typische Hanser-Autorin, den typischen Hanser-Autor. Im Fachverlag zeichnet ihn eine hohe Kompetenz in seinem Fachgebiet aus, verbunden mit der Fähigkeit, sein Wissen auch vermitteln zu können. Dann wird die Kommunikation zwischen Autor und Leser funktionieren. Sie gelingen zu lassen, dem gelten Wachsamkeit und Akribie der Redakteure und Lektoren. Genannt sei beispielhaft ein Name: Elvira Moeller ist seit mehr als dreißig Jahren mit Hanser verbunden, sie ist Autorin von Büchern und Beiträgen z.B. rund um die Themen Lackiertechnik und Korrosion/Korrosionsschutz. Ihre Handbücher und Texte erfreuen sich großer Wertschätzung bei der Leserschaft – und bei uen Lektoren und Redakteuren. Aus Autorinnen und Autoren wie ihr setzt sich die Hanser-Familie zusammen.

Der Verlag hilft mit, einen Autor aufzubauen, wobei jeder Autor für eine ganz eigene „Welt“ steht; der Autor freut sich, wenn durch seinen Erfolg auch der geschäftliche Erfolg des Unternehmens gewährleistet ist. Beide Seiten glauben aneinander. Wie formulierte es Carl Hanser, als ihm nach 1945 vorgeworfen wurde, zunächst klassische Texte zu verlegen und sich nicht auf junge Autoren zu stürzen? „Wir wissen ja, dass wir die lebenden nicht vernachlässigen wollen, aber wir suchen Dichter und nicht Versemacher.“ Ein hoher Anspruch, nicht immer einzuhalten. Aber als Vorsatz unbedingt ernst zu nehmen.

Oder nehmen wir Hertha Müller. Ihre formstrengen Texte eröffnen durch ihre unverwechselbare Verbindung von Präzision und Phantasie den Lesern ganz neue Sichtweisen auf die kleinen und großen Dinge. Sie fügen unserem Wahrnehmungshorizont etwas hinzu, wie es nur Literatur leisten kann. Der Verlag glaubt an solche Literatur und an die Autoren.

Ob daraus eine große Familie wird? Vielleicht lässt es sich so sagen: Ein lebhafter Debattierclub entsteht dabei ganz gewiss, mit bedächtigen, weisen, vorlauten, selbstsicheren oder fragenden Stimmen. Und mit einigen Autoren, die schweigen, nachdem sie geschrieben haben. Sie alle zusammen bilden etwas Gemeinsames, das Hanser-Wir.